Alzheimer durch Mitochondrien heilbar

Warum Alzheimer durch Mitochondrien verursacht wird, durch Mitochondrien heilbar ist und welche Hilfe Patienten durch neueste Forschungen erwarten können

 Lange, sehr lange wird von Medizinern schon versucht, die wahren Gründe für die Demenzerkrankung Alzheimer zu finden, und erfolgversprechende Gegenmittel zu entwickeln. Bisher ohne durchschlagenden Erfolg. Jetzt wurde in der Schweiz ein Durchbruch erzielt!

Vielleicht blieb der Erfolg bisher auch deshalb aus, weil man nicht an den richtigen Stellen forschte. Die meisten Wissenschaftler konzentrierten sich stets allein auf die Entfernung von Eiweißrückständen zwischen Gehirnzellen und Blutgefäßen. Diese als Amyloid-Ablagerungen bezeichneten Substanzen  sollten der Grund für die Alzheimer Demenz sein. Gegen diese wurde versucht, Medikamente zu entwickeln, und man versprach sich hohen wirtschaftlichen Nutzen, sollte es klappen. 

 

Dabei war überhaupt nicht erwiesen, ob es sich bei der Alzheimer Demenz wirklich um eine mit Medikamenten bekämpfbare Krankheit oder in Wahrheit um eine Degeneration von Hirnzellen handelt, gegen die man völlig anders vorgehen müsste.

 

Mitochondrium
Modell eines Mitochondriums. In einer selbst nur tausendstel Millimeter kleinen Gehirnzelle arbeiten über tausend Mitochondrien. Es sind Ex-Bakterien,die in der Evolution Zellbestandteile geworden sind (Endosymbiontentheorie). Es sind unsere Kraftwerke.

Alternde, degenerierte Mitochondrien in den Gehirnzellen sind die wahre Ursache für Alzheimer Demenz

Wissenschaftler an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne (École polytechnique fédérale de Lausanne, EPFL) in der Schweiz haben jetzt einen neuen, vielversprechenden Ansatz entdeckt, wie die schwerste Form der Demenz gestoppt werden könnte. Sie haben Belege dafür gefunden, dass alternde, degenerierte Mitochondrien in den Gehirnzellen die wahre Ursache für die Krankheit sind.

 

Auwerx
Prof. Johan Auwerx, EPFL, Lausanne

Prof. Johan Auwerx  und sein Team haben die als Kraftwerke der Zellen arbeitenden Mitochondrien untersucht, die als unser unbekanntes "Neben Ich" nicht nur die Energieversorgung der Gehirnzellen liefern, sondern für die Energie aller Zellen des menschlichen Körpers (Ausnahme: die roten Blutkörperchen) verantwortlich sind. Die Physiologen und Molekularbiologen, die mit Auwerx forschen,  haben in  Versuchen mit Würmern und Mäusen festgestellt, dass eine Steigerung der Mitochondrien-Tätigkeit die Bildung von Eiweißablagerungen reduzieren hilft. Außerdem wurde bei Mäusen eine erstaunliche und sehr hoffnungsvoll stimmende Normalisierung der kognitiven Funktionen festgestellt. 

Durch Stärkung der Mitochondrien sind viele schlimme Krankheiten zu heilen

Diese Resultate aus Tierversuchen sind laut Prof. Auwerx derart  ermutigend, dass nun in weiteren klinischen Studien mit Hochdruck weitergeforscht wird.  Prof Auwerx ist sich sicher, dass  sein Weg,  die Alzheimer Demenz durch Stärkung der Mitochondrien anzupacken, den Unterschied in der Wirksamkeit  gegenüber allen bisherigen Versuchen ausmacht. Die Forschungsergebnisse des EPFL-Teams wurden in der Fachzeitschrift "Nature" publiziert. 

Wenige Wochen vorher hatten bereits Wissenschaftler des Scripps Research Institute (TSRI) mit Sitz in Kalifornien ähnliche Erkenntnisse in Bezug auf die Parkinson-Krankheit veröffentlicht:  Geschädigte oder abgestorbene Mitochondrien in den Hirnzellen sind demnach auch die Verursacher der Parkinson-Krankheit. Die Entwicklung der Krankheit wird folgendermaßen beschrieben: Durch Alterung und Umwelteinflüsse kommt es zu einem als S-Nitrosylierung (SNO) bezeichneten Defekt in den Mitochondrien. Wenn diese defekten Mitochondrien nicht abtransportiert werden und sich in den Gehirnzellen anzusammeln beginnen, treten die typischen Parkinson-Symptome auf: Schüttellähmungen, unsicherer Gang, verlangsamte Bewegungen bis hin zu Muskelstarre und völliger Bewegungsunfähigkeit.

 

Das Hauptproblem besteht darin, dass – vereinfacht ausgedrückt – der Mechanismus zur Entsorgung der defekten Mitochondrien nicht mehr funktioniert. Dadurch können auch andere Krankheiten, wie etwa Krebs ausgelöst werden. Da man jetzt aber diese Zusammenhänge erkannt hat, sind die Forscher entschlossen und auch zuversichtlich, ein Medikament zu entwickeln, das ein Entfernen der absterbenden Mitochondrien  aus den Hirnzellen wieder in Gang setzt.

Die Studie aus Kalifornien wurde in "Cell Reports" veröffentlicht.

Schatz
Gottfried Schatz, einer der renommiertesten Mitochondrien-Forscher (1936 - 2015).

Medizinische Institutionen und wissenschaftliche Veröffentlichungen in der Schweiz entwickeln sich langsam aber sicher zu wahren Hotspots der Demenzforschung.  Von hier kommen seit einiger Zeit schon vermehrt Erkenntnisse, die das Phänomen Alzheimer wirklich zu erklären vermögen. 

 

So hat auch der international renommierteste Mitochondrienforscher Gottfried Schatz (gestorben 2015 in Basel) in der Eidgenossenschaft gewirkt. Er leitete das Institut für Biochemie des Biozentrums der Universität Basel, und schrieb bereits vor einem Jahrzehnt die folgenden Erkenntnisse in der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) und in seinem Buch „Die Welt in der wir leben“ nieder: „Meine Gehirnzellen atmen intensiver als alle anderen Zellen meines Körpers und erzeugen pro Gramm und Sekunde mehr Energie als ein Gramm unserer Sonne (sic.!) All dies verdanke ich winzigen Verbrennungsmaschinen im Innern meiner Zellen – den Mitochondrien.“ Und weiter schrieb er: „Die schädlichen Nebeneffekte meiner bereits etwas keuchenden Zellatmung sind wahrscheinlich daran mitschuldig, dass nicht nur meine Mitochondrien, sondern auch mein ganzer Körper altert. Sollte ich das Glück – oder Unglück – haben, neunzig Jahre alt zu werden, dann wird jede meiner Muskelzellen mit bis zu zehnmal weniger Energie auskommen müssen als in meiner Jugend. Die trübsten Aussichten haben jedoch mein Gehirn und dessen Ausstülpung nach außen – die Netzhaut meiner Augen. Da die Zellen dieser beiden Gewebe besonders intensiv atmen, bekommen sie die Unvollkommenheit meiner Mitochondrien mit voller Wucht zu spüren und sind deshalb stärker vom Altern bedroht als andere Gewebe meines Körpers. Parkinsonkrankheit, Alzheimerkrankheit, Degeneration der Netzhaut – für alle diese furchterregenden Alterskrankheiten dürften chemische Funken aus geschädigten Mitochondrien mit verantwortlich sein.“

 

 

 

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